"Es ist alles weg!"
So fängt es meistens an, wenn überforderte Eltern am Computer sitzen und nach ihren Kindern brüllen.
Dann ist entweder die \'empfangen\'-Taste ist nicht mehr da (mmmh, könnte daran liegen, daß sie bei diesem
Programm \'abholen\' heißt) oder man kann den Rechner nicht mehr runterfahren, weil jemand die Startleiste
aus dem Bild geschoben hat. ("Nein, keine Ahnung wie das passiert ist. ICH war das bestimmt nicht!")
Es ist immer wieder schön als rettender Engel die gerade "völlig weg" verschwundenen Sachen aus dem Papierkorb
wieder herzustellen oder das "gelöschte Programm" wiederzubeleben, indem man die Verknüpfung wieder auf den Desktop legt.
Aber das sind die Probleme für Fortgeschrittene. Aller Anfang ist dieser:
"Nein, Du mußt erst den Cursor ins Feld setzen, damit Du schreiben kannst." "Nein, das ist die Maus,
Du mußt den CURSOR ins Feld setzen, damit Du schreiben kannst." "Nein, erst hineinklicken, dann
schreiben." "Ja, jetzt ist alles weg, was da stand, denn es war alles markiert, als Du zu schreiben
angefangen hast." "Nein, Du schreibst nicht da, wo die Maus ist, sondern da wo der Cursor ist."
"Nein, das ist die MAUS, nicht der Cursor." ...
Wenn die Grundzüge der modernen Textverarbeitung dann sicher sitzen, kommt es oft zu anderen Unregelmäßigkeiten:
"Ich hab\' das da abgespeichert, aber das ist da nicht!" "Bist Du sicher, daß Du das da abgespeichert hast?"
"Jaja, \'Eigene Dateien\'. Hier! Die waren alle vorher schon da." "Oh. Siehst Du den Balken da unten? Schieb
den mal nach rechts. Voilà!"
Manchmal - der Mensch ist schwach - macht sich aber auch das geliebte Kind gewisser Treulosigkeiten schuldig:
"Ich kann nicht speichern!" "Wie, Du kannst nicht speichern." "Ja, ich habe doch diese CD von meinem Kollegen!
Und ich hab das geändert und jetzt kann ich das nicht speichern!" "Du kannst auf der CD nichts abspeichern?
Beschwer Dich bei Deinem Kollegen! Der ist schuld."
Hat das jeweilige Elternteil sich schließlich an die zu verwendenden Software gewöhnt, ist - sollte man meinen -
alles in Butter. Aber:
"Word ist kaputt." "W.. Hä?" "Das sieht alles ganz anders aus." "Ach, hast Du die Symbolleisten wieder verschwinden
lassen? Pass auf ... so?" "Nein, nein, da war noch so sowas Buntes, unten da." "Du brauchst die \'Zeichnen\'-Leiste
bestimmt nicht." "Doch, doch, die war da immer!" "..."
Programme wie Word beinhalten ohnehin schier unüberwindliche Hindernisse:
"Ich kann nicht mehr schreiben!" "Schreibblockade?" "Quatsch. Der Computer ist kaputt. Ich kann nichts mehr
schreiben." "Ach, bist Du wieder in der Seitenansicht gelandet? \'Schließen\'... Äh.. nein, ich meinte das andere
\'schließen\'. Datei wieder öffnen..."
Ist dann die Software unter Kontrolle, ergeben sich erste Einsichten zum Thema Peripheriegeräte und Hardware:
1) "Der neue Drucker geht nicht." "Ach! Den hab\' ich auch noch gar nicht installiert."
2) "Der Drucker geht nicht." "Du mußt ihn schon anmachen."
3) "Der Drucker geht nicht." "Tu Papier rein."
4) "Der Drucker geht nicht." "Einstöpseln."
5) "Der Computer geht nicht an." "Nicht an?" "Nein, da kommt kein Bild." "Oh, sorry, ich habe letztes Mal den
Monitor ausgeschaltet. Du mußt ihn wieder anschalten."
6) "Die Soundkarte ist kaputt." "Wie kann das denn sein?" "Naja, gestern war der Ton noch viel besser." "Ach so.
Mach mal die Boxen an, vielleicht wird das dann wieder..."
Fortgeschrittene Eltern wollen dann oft zusätzlich das World Wide Web erobern:
"Wo finde ich was über Ski laufen?" "Keine Ahnung. Mußt Du suchen." "Wie suche ich denn?" "Google. G-o-o-g-l-e."
"Wenn ich da \'google\' eingebe, passiert nichts!" "\'www.google.de\'. Warte, ich komme - Oh, Du mußt zuerst eine
Verbindung zum Internet herstellen. Der Browser alleine bringt Dir da nix."
Der nächste Schritt ist dann das Versenden von E-Mails:
"Seit Tagen versuche ich, diese E-Mail zu versenden, und es geht einfach nicht." "Es nützt auch nichts, sie 30 Mal
im Ausgangskorb zu speichern. Du mußt zwischendurch auch mal auf \'Versenden\' klicken."
Und dann gibt es immer wieder diese Anflüge panischer Irrationalität:
"Wir haben einen VIRUS!" "Hä?! Warum?" "Doch, wirklich. Die Maus bewegt sich schon nicht mehr!" "Oh, ähm. Neinein.
Der Virus nennt sich WINDOWS und ist völlig normal. Fahr den Rechner einfach noch mal hoch."
Andererseits hat das mangelnde Verständnis auf dem Gebiet Computer auch seine unbestreitbaren Vorteile:
"Mein Rechner ist total langsam. Ich glaube, die Festplatte ist voll! Du lagerst viel zu viel Schrott auf
meiner Festplatte!" "??? Deine Festplatte ist zwar klein, aber nicht voll!" "Doch. Die Festplatte ist voll.
Lösch mal was von Deinem Kram!" "Ok. Klick mal eben den DOS-Button an. So und jetzt \'cd sohnemann\'. Jetzt
\'attrib *.* +h\'. Fertig." "Aha. Siehst Du?! Jetzt läuft er schon viel schneller." "Ähm, prima."
Es gibt aber auch die Fälle - das wollen wir nicht verheimlichen - in denen Eltern einfach Recht haben:
"Windows ist kaputt." "Hä? Wieso?" "Wir hatten einen Virus." "Ging die Maus wieder nicht?" "Nein. Aber ich
habe doch dieses Programm von meinem Freund..." "...und Du konntest auf der CD nichts abspeichern?" "Quatsch.
Da war ein Anti-Virenprogramm drauf. Das hab\' ich installiert und gestartet." "Und das hast Du installiert,
ohne mich zu fragen!" "Ist ja wohl immer noch mein Computer! {->Ups, gutes Argument.} Und das Programm hat
auch einen Virus gefunden und weggemacht. Nur bei einer Datei ging das nicht. Die habe ich dann gelöscht."
"Und wie hieß die Datei?" "\'Command.com\'."
Dieser Text ist frei erfunden und rein fiktiv. Eventuelle Ähnlichkeit irgendwelcher der beschriebenen Charaktere
zu irgendwelchen lebenden (oder toten) Personen sind rein zufälliger Natur.
© 2002 by Astrid Maack, Jan Philipp Bornebusch
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